Der Aufschrei
(02.03.2020) Die Bomben der Russen, der Syrer, der Türken. Wir hören sie nicht. Zerstörte Krankenhäuser, zerfetzte Leiber. Wir schweigen. Menschen auf der Flucht, ohne Wasser, ohne Schutz. Wir hören sie nicht. Kinder, die in den provisorischen Lagern im syrischen Winter erfrieren. Wir schweigen. Drei Diktatoren, die mit dem Leben von Menschen spielen. Wir hören sie. Und tun so, als ginge uns das nichts an. Und schweigen. Im Niemandsland zwischen den Grenzen Zeigt das Abendland den Schutzsuchenden seine nachtschwarze Fratze. Wir schweigen. Ein Kind hustet in der U-Bahn. Ein Aufschrei geht durch den Wagen. Zeitumstellung
Heut Nacht ist es nur eine Stunde. Vielleicht schon morgen dann ein ganzes Jahr. Und auf den Straßen hört man schon die Kunde: Alles wird so, wie's früher war. ,Getümel
Es beginnt schon wieder so ein Tümeln, ein Schleier legt sich über dieses Land. Wer satt ist, gibt nichts her von seinen Krümeln, der Hungrige ergötzt sich an den Spatzen in der Hand. Wo früher das Geweih von einem Hirschen prangte, ziert heut ein Flatscreen diese deutsche Wand. Wer einst im Wahn die Weltherrschaft erlangte, verliert jetzt seinen Restverstand. Der Michel tümelt Fähnchen auf Balkone, läuft auf den Straßen rum mit schwarzrotgoldnem Narrenhut. Verbreitet Hass und Missmut über Telefone und seinen Stumpfsinn nennt er Wut. Die Gartenzwerge heben wieder ihre rechten Arme: so hoch sind nun die Urnen schon gefüllt! Sie hoffen, dass sich einer noch erbarme, sie an die Macht bringt und der Rest sich weiterhin in Schweigen hüllt. Wer schweigt ist schneller als er denkt ein Teil der Tümelei, richtet sich ein im Schneckenhaus, das er bald Heimat nennt. Dann sagt er später, er war nie dabei, hätt nur den richtigen Moment verpennt. Trauermarsch
In "Trauermarsch" steckt oft ganz wenig Trauer und sehr viel Arsch ÖRF
(Österreichisch-Russische Freundschaft) Ludmilla, beim Billa gibt’s heut zur Feier russische Eier. Runter vom Sofa, wir geh'n lieber zum Hofer. Da gibt’s, feine Sache, heut die Eier vom Strache. Konkrete Freiheit
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Wie lang hatte er davon geträumt eingeladen zu sein als Gast freundlich empfangen und willkommen. Jetzt war er eingeladen im Frachtraum eines Bootes wie ein Stück Vieh nutzloses Transportgut. Mit Glück kommt er an irgendwo und wird eingeladen doch wieder zu gehen. Rechte
Da sagt doch der AfD-Nazi zu seinem Antifa-Spezl: "Eigentlich haben wir viel gemeinsam. Wir sind auch gegen Rechte! Gegen Menschenrechte, Frauenrechte,..." Vielfalt
Wenn wir alle Einfältigen zusammen nehmen, haben wir auch eine gewisse Vielfalt. Aberwitz "Ich bin ja kein Nazi, aber..." beginnt so manches Faschisten-Gelaber. Und zwischen den Steine- und Flaschenwürfen: "...aber den Hitlergruß wird man wohl noch zeigen dürfen." Zu versiecht
(wir wissen es alle) Wenn der Dax die nächste Marke knackt und der Fux im Wald seinen Bandwurm kackt, wenn Banker schon die nächste Milliarde vermissen, dann wissen wir alle, wir werden beschissen. Wenn Menschen ersaufen im Mittelmeer, weil wir sagen, wir hätten keine Mittel mehr, wenn wir füttern stattdessen die hungrigste Bank, dann wissen wir alle, das System ist krank. Wenn wir unseren Reichtum auf Waffen begründen und Morden und Kriege in aller Welt entzünden, wenn mit unseren Drohnen wird Leben genommen, dann wissen wir alle, wir werden’s zurückbekommen. Wenn wir zusammen aber morgen sagen, wir wollen das Leid nicht länger ertragen, wir wollen eine Welt ohne Armut und Waffen, dann wissen wir alle, wir können das schaffen. Der Schein Es ist ein Sterben in der Welt, ein Keim der sich sehr rasch verbreitet. Nur ein Schein, der mal die Finsternis erhellt und sonst nur Hass, der uns zur Schlacht verleitet. Lasst uns der Schein sein, der sich durch das Dunkle bricht. Nicht nur zum Schein sein, was die Menschlichkeit verspricht. Dann ist ein Leben in der Welt, ein Keim, der sich sehr rasch verbreitet. Nicht nur ein Schein, der mal die Finsternis erhellt. Es ist die Liebe zu den Menschen, die uns zum Leben hin gegleitet. Klimawandel
Grönlandeis mit regionaler Mandel wird möglich durch den Klimawandel. Doch wenn die Meeresspiegel steigen, gibts an der Küste keine Feigen. Nur noch in den Polarregionen lohnt sich der Anbau von Zitronen. Und auch Bananen kommen bald aus dem schönen Bayernwald. Und unter Menschen hört man munkeln: überleben werden nur die Dunkeln. Schweine(s)teuer
Man fürchtet nun, durch eine Steuer würde das Leben schweineteuer. Man sollte die Meinung der Schweine erheben. Für die ist es teuer – sie bezahl‘n mit dem Leben. Mutter Erde
A bisserl hitzig heut, die Mama mit einem leichten Hang zum Drama! Reden wir nicht lang drumrum: das ist das Klimakterium. Dank der CO2-Beschallung hat sie jetzt schon Hitzewallung. Und beruhigt die Kinderschar: bald schon bin ich unfruchtbar. |
Der Protestsänger
So manches Lied hätte er lieber nicht gesungen, doch hat der Zustand dieser Welt ihn letztlich doch gezwungen, seine Stimme zu erheben und ein Lied zu singen übers Leben, übers Lieben, übers Lachen und über die, die alles das zunichte machen. Vielleicht wär ihm manchmal danach gewesen, seiner Liebsten Gedichte vorzulesen oder ein paar Zeilen zu schreiben über das Kommen und über das Bleiben. Doch immer wieder musste er gehen um irgendwo auf einer Bühne zu stehen und Lieder zu singen vom Widerstand gegen Faschisten im Mutter- und Vaterland. Lieder vom Frieden und gegen den Krieg, für die Arbeiterklasse und deren Sieg. Über die Massenhaltung von Tieren und wie wir die Kontrolle über die Atomkraft verlieren. Er singt über Hunger und Seuchen und Tod, über Altersarmut und Wohnungsnot. Jetzt ist er alt, vom Leben bleibt nur ein Rest. Es reicht gerade noch für einen letzten Protest. Er nimmt seine Klampfe und geht an den Strand. Da wo vor paar Jahren noch die Dorfkirche stand, umspülen heute die salzigen Wellen die eilig errichteten Anlegestellen. Und ein paar Kilometer entfernt von der Küste beginnt auch schon die norddeutsche Wüste. Und der Sänger singt sein Lied in den Wind, vom Leben, vom Lieben und seinem Kind. Doch niemand ist da, den sein Singen noch stört und dennoch hofft er, dass ihn diesmal wer hört. Bleibeperspektive
Der Frühling wär in diesem Jahr ausgefallen um ein Haar. Weil er, was ich zunächst nicht peilte, in südlichen Gefilden weilte. Und er nicht wusste, ob grad er bei uns wirklich willkommen wär. Denn ohne Aussicht, hier zu bleiben würde man ihn sicher bald vertreiben. #metwo
(Männer halt) "Die Diskussion war überfällig!" "Ja, aber sie kam so plötzlich." "Das meine ich mit überfällig!" un
wirsch werde ich deiner flätigkeit begegnen. ich bin ja schließlich kein mensch. (manches wort, damit es richtig klingt, manchmal doch ein un bedingt.) Donald nach der Wahl (2016)
Dann fraß er Kreide und die Stimme, diese schlimme, wurde weich wie Seide. Was gewesen war schien nun egal und selbst sein Genital erschien ganz plötzlich präsidial. Es ist, wer hätte das gedacht, jetzt ein Zeichen neuer Macht. Und es beginnt sich anzuschicken, nun die ganze Welt zu ficken. Wortgewalt
Wenn Worte Blicke wären, die töten könnten, wie sehr würde der Schreiber noch bewundert für seine Wortgewalt? Wenn der Verstand, messerscharf, die Klinge kreuzte mit dem stumpfen Schwert des Wutbürgerbauchs, wer nähme sich des zuckenden Gedärms an um des lieben Friedens willen? Wenn Worte sich verbündeten, zu Sätzen sich zusammenschlössen und wie Naturgewalten Hass und Feindseligkeit in reinigende Gewitterwolken wandelten, wer freute sich nicht über die Kraft der Wörtersonne, die aus dem letzten Hagelkorn weiches Wasser macht! Wer Wind sät
Der Bauer sät von früh bis spat, dann geht sie auf, die Glyphosaat: die Tomaten sind schön rot, doch Insekten, Kräuter – alles tot. Und dem Minister wird’s ganz warm, steckt bei Monsanto tief im Darm. Wurzeln
Alle Menschen haben Wurzeln, damit sie nicht ständig über sich selber purzeln. Hamed hat die seinen in Afghanistan, lebt hier im Lager und kommt kaum voran. Jetzt stolpert er in einem fort. Kein Wunder, denn er ist hier und die Wurzeln sind dort. Prioritäten
Said, warum nur bist Du keine Bank geworden? Alles hätten wir getan, Dich zu retten. Ismail, warum nur bist Du kein Schwarzgeld geworden? Alles hätten wir getan, Dich in Sicherheit zu bringen. Samira, warum nur bist Du kein Waffenhändler geworden? Alles hätten wir getan, Dich vor Deinen Verfolgern zu schützen. Globulisierung
Warum nur wird es so klein und eng im Land? Wo die ganze Welt doch so nah wäre wie nie. Warum nur verschließen sich die Herzen und nur die Märkte öffnen sich? Die Welt scheint zu groß zu sein für uns. So machen wir ein kleines weißes Zuckerkügelchen aus ihr, weil wir glauben, sie so beherrschen zu können. Das ist die Globulisierung der Welt. Verdünnt bis zur Unkenntlichkeit, wirkt das Gift des Hasses gegen alle Vernunft. Tauben und Menschen
Oberflächlich betrachtet ist der Daseinszweck der Taube Fressen, Scheißen und sich vermehren. Wenn sie Glück hat, ist sie weiß. Dann dient sie dem Menschen wenigstens noch als Friedens- oder Liebessymbol. Oberflächlich betrachtet ist der Daseinszweck des Menschen Fressen, Scheißen und sich vermehren. Wenn er Glück hat, ist er weiß. Flüchtige Entscheidungen Auf seinem Sitz im Parlament sitzt ein Abgeordneter und pennt. Ein Alptraum quält ihn und er leidet, weil er träumt, dass er jetzt gleich entscheidet, dass Menschen, die nichts tun auf Erden aus dieser abgeschoben werden. Dann schreckt er auf und hebt die Hand - jetzt hat er was getan fürs Land. Und draußen im Bierzelt schimpft er vehement über Menschen, die er nur flüchtig kennt. |