Brief an eine alte Geliebte
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Meine Liebe,
auch wenn wir nun schon seit ein paar Jahren getrennt sind, erlaube mir, dass ich ein paar Zeilen an Dich richte. Immerhin waren wir 40 Jahre lang eng verbunden und sowas vergisst man nicht so leicht. Ich jedenfalls nicht. Und ich mache mir schon Gedanken darüber, wie es Dir geht. Es lässt sich ja auch nicht vermeiden, mitzubekommen, was Du so tust. Weißt Du noch, wie wir zusammengekommen sind? Ich war noch so jung und Du schon so erfahren. Und Du hast mich fasziniert, wie nie mehr wieder eine andere. Wir wollten die Welt verändern damals. Du warst so voller Energie und hast mich mitgerissen. Ja, wir hatten auch unsere Auseinandersetzungen, gerade in den Zeiten, in denen Du satt und selbstzufrieden geworden bist und Du so gar nicht mehr zu begeistern warst für die Visionen, die uns doch mal gemeinsam waren. Es macht mich ein wenig traurig zu sehen mit welchen Typen Du Dich in den letzten Jahren so abgibst. Unsere Freunde von damals sagen immer „Vergiss die alte Schlampe“. Aber ich will einfach nicht glauben, dass so gar nichts mehr übrig ist von Deiner alten Attraktivität, Deiner Aufrichtigkeit, Deiner Menschenfreundlichkeit. Kann man sich wirklich so sehr verändern? Das Alter allein kann’s doch nicht sein? Obwohl ich manchmal fürchte, dass Deine Orientierungslosigkeit und Deine Verwirrtheit Anzeichen einer beginnenden Demenz sind. Glaube mir, mir liegt Dein Wohlergehen immer noch am Herzen. Vielleicht solltest Du Dir wirklich mal eine Auszeit gönnen und Dir Zeit nehmen für Deine Familie und diejenigen, die Dir wirklich nahe sind. Und wieder mal Deine Wurzeln spüren. Ich weiß, das was uns einmal verbunden hat wird es nicht mehr geben, aber vielleicht können wir ja irgendwann wieder Freunde werden, liebe SPD. Dein A. |
© 2014 - 2019 Arno Jauernig, München
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