Blätterleben
Jetzt ist es Herbst, die Blätter fallen, doch bevor sie auf den Boden knallen, haben sie sich über Nacht noch einmal richtig feingemacht. Grell geschminkt in gelb und rot, voll Tatendrang und ohne Not, machen sie nicht ohne Grund unsre Welt noch einmal bunt. Dann lösen sie sich von den Ästen und nicht nur die allerbesten, alle stürzen nun zur Erde und hoffen, dass bald Winter werde. Dann werden sie den Schnee wohl nützen, die Wurzeln ihres Baums zu schützen. Und sie sind Teil von dieser Kraft, die Raum für neues Leben schafft. Im Frühjahr wird man dann an Buchen oder Linden sie in den jungen Trieben wiederfinden. Auch ich bin wie das Blatt am Baum Und lebe diesen bunten Traum. Denn ganz bestimmt werd ich nicht jünger, doch taug ich allemal als Dünger für das farbenfrohe Leben nach dem wir und die noch kommen streben. November (in Istrien)
November, leuchtend bunt und grell. Die Sonne warm, wie Gold so hell. Noch weigern sich die gelben Blätter, sich vom Ast zu lösen laden mich ein, mit ihnen in der Mittagszeit zu dösen. Ein Glas vom ersten jungen Wein bricht tausend Sonnen auf den Stein. Bald wird der Herbstwind auch das letzte Laub erfassen. Ich werde mich behutsam mit ihm fallen lassen. Jahres Zeiten
Am liebsten schreib ich Herbstgedichte, am besten ganz besonders schlichte. Etwas mit vielen bunten Farben und mit Vöglein, die bald darben, soweit sie auf dem Weg nach Süden nicht ohnehin sehr bald ermüden. Auch bieten sich Metaphern an, zum Beispiel für den alten Mann, der nun im Herbste seines Lebens die Ernte einfährt, meist vergebens. Sobald die Bäume sind entlaubt ist es endlich auch erlaubt, sich der Schwermut hinzugeben und sehr reduziert zu leben. Das ganze Jahr darf man’s ja nie, jetzt leb ich sie aus, die Melancholie. Dann schreibe ich in Moll statt Dur etwas vom Kreislauf der Natur. Ich glaub, von allen Jahreszeiten mag mir der Herbst die meiste Lust bereiten sie zu preisen und zu loben, mich in Gedichten auszutoben. Natürlich ist dann auf Platz zwei schon der Frühling mit dabei. Dann folgt der Sommer und ganz knapp dahinter …kommt der Winter. |
Das Blatt
Ich weiß nicht wie es werden wird. Werde ich das Blatt sein, das obwohl noch grün mit einem letzten Rest von Lebenssaft, doch jäh von einem Herbststurm seinem Baum entrissen wird? Oder eines, das in einem Farbenrausch ein ganzes Leben gelb und rot erzählt, um sich in stiller Stunde sanft von seinem Zweig zu lösen für einen letzten Flug zur Erde mit der es eins wird für den Rest der Zeit. Herbstmorgen
Durch trübe Morgennebelschwaden schimmert schon ein milchig blasses Licht. Ein neuer Tag ist eingeladen uns zu erheitern – doch er tut es nicht. Dieser Morgen gibt uns eine Ahnung von stiller, dumpfer Endlichkeit, fast so, als wär er eine Mahnung uns einzurichten auf die Zeit in der wir alle, schneebedeckt und leise wie in einem tiefgefror’nen Garten jeder auf ganz eig’ne Weise trotz allem auf ein Frühjahr warten. In den Nebeln liegt für uns ein Trost bereit und Hoffnung ruht im fahlen Licht. Scheint auch fürs Sterben grad die Zeit, das Leben selber endet nicht. Herbstdepression
Wenn Du täglich denkst, Du sterbst, dann ist sicher grade Herbst. Doch ist da meistens nichts dahinter, das merkst Du aber erst im Winter. Herbstdepression II
(der Landwirt im digitalen Zeitalter) Im März hab ich mein Feld bestellt, jetzt im November liegt’s bereit. Was mir daran halt nicht gefällt, das ist die lange Lieferzeit. Herbstzeizlose
Melancholisch wie ich bin, denk ich, der Herbst ist Hauptgewinn in der Lotterie des Lebens, Höhepunkt all unsren Strebens. Drum geh ich rum mit einer Dose und verkaufe Herbstzeitlose. Herbst
Und wieder fallen bunte Blätter, bedecken unsre Erde. Der träge Sommer tut, als hätt er nichts dagegen, dass bald Winter werde. Bald schon werden Drachen steigen und grau vermischt sich mit lebendig bunt. Noch einmal wird sich eine warme Sonne zeigen und mancher sucht sich seinen Ruhegrund. Alles, was in diesen Sommertagen in bunten Farben hat geblüht, will Lebewohl uns nochmal sagen, bevor’s im Farbenrausch verglüht. Und staunend stehe ich daneben: Was für ein reiches, buntes Leben! Spätsommerblume
Die Sommersonne zeigt sich noch in Deiner Blüte, und rettet sich mit Dir in eine trübe Zeit. Sie wärmt uns noch in ihrer grenzenlosen Güte, der kalte Herbstwind macht sich schon bereit. Wirst Du noch da sein, wenn die ersten Blätter fallen, wirst Du mich trösten mit beschwingter Farbenpracht? Werd ich mich gar nochmal in Dich verknallen und Deine Sommerhitze spüren Nacht für Nacht? |